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Die Macht der Gewohnheit

Erstellt von Christiane Gegenheimer Pastoralreferentin | |   Impulse

Tsja, wen man so gewöhnt ist, dem traut man nicht so viel zu, oder?

Viele Jahre bereitete ich Kinder auf ihre erste heilige Kommunion vor – bestimmt 14 Jahre lang jeweils so um die 30 Kinder. Und ich war es gewohnt, dies mit bestimmten Materialien, mit bestimmten Methoden und an bestimmte Erfahrungen anknüpfend zu tun. Die Macht der Gewohnheit kam allerdings mit Corona an ihre Grenzen – und mit meiner Tochter. Manchmal verhindert die Macht der Gewohnheit nämlich den Zugang zu neuen Erfahrungen.

Meiner Tochter war meine „Erfolgsbilanz“ in Sachen Erstkommunionvorbereitung ziemlich schnurzpiepegal. Die kennt mich, mit all meinen Fehlern und Macken – und hat irgendwann mal festgestellt: Mama, du weißt auch nicht alles, was kannst du mir als Katechetin schon erzählen? Und plötzlich war ich mit meinen Gewohnheiten, dass Kinder gerne zuhören und auch annehmen, was ich ihnen über Jesus erzähle in einer Sackgasse gelandet. Für meine Tochter musste ich das anders angehen – denn sie lebt mit, wie ernst ich den Glauben und die Frohe Botschaft nehme. Bei ihr erzählen also mein Leben und mein Umgang mit ihr von Gott – und nicht eine Katechetin oder Lehrerin.

Auch die Evangelisten berichten von solchen Erfahrungen, dass manche Menschen aus Gewohnheit davon ausgehen, dass Leute, die unter ihnen aufgewachsen sind, die sie also zu kennen meinen, dass die nichts Besonderes leisten können.

Ein beeindruckendes Beispiel heute im Evangelium: Was sehen Menschen, die Jesus kennen, in ihm oder eben auch nicht?

Merken wir da was? Lassen wir uns persönlich anfragen, wen wir als Vorbild akzeptieren? Wem wir wirklich Gutes zutrauen?

Jesus ist durch Galiläa gezogen, hat Gottes Wort verkündet und Menschen geheilt. Er hat Leute begeistert, sie folgten ihm. Einige Geschichten erzählen, wie die Massen regelrecht an ihm hingen. Nun kehrt er für einen Moment nach Hause zurück und geht auch dort seine gewohnten Wege: "Am Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte".
Statt sich mit seiner Botschaft zu beschäftigen, geht es den Menschen jedoch nur um seine Person: Der Zimmermannssohn, der Nachbar, vielleicht Mitschüler - wie auch immer -, soll jetzt ein Lehrender und Heiler mit Einfluss sein? Sie wollen es nicht glauben und sind so mit Jesus und seiner Vergangenheit beschäftigt, dass wirkliche Verkündigung nicht passieren kann.

Tja, so ist das – da hat die Gewohnheit die Leute im Griff. Sogar Jesus ist überrascht. Er betitelt ihr Verhalten als Unglaube. Vielleicht war das so - vielleicht war es auch schlicht Desinteresse.
Was Jesus ihnen an Wort und Beispiel anzubieten hat, spielt halt für ihr Leben anscheinend keine Rolle.

Ein evangelischer Pfarrer oder eine Pastoralreferentin – Profis in Glaubenssachen. Das ist in der eigenen Familie aber gar nicht wichtig, denn in der Familie sind auch die Profis ganz normal unterwegs. Und das ist es doch auch, was zählt. Nicht der Titel, sondern der Umgang mit und untereinander. Im Alltag kommt es auf die Botschaft Jesu an und nicht auf den Verkünder. Im Alltag können wir diese Botschaft ganz durchscheinen lassen. Es geht um die Beziehung – um eine lebendige Beziehung zu Gott und zu den Menschen.

Das ist das, was ich gelernt habe – durch mein angefragt werden durch meine Tochter. Und ich hab auch gelernt, dass es wichtig ist, Gewohnheiten zu erkennen und auch durchbrechen zu können, neue Wege zu versuchen.
Gute Gewohnheiten – wie das tägliche Abendgebet und –ritual – beizubehalten. Denn so gewinne ich Ansehen bei meiner Tochter – indem ich sie ansehe und sie mich und sie durch mich und mein Beispiel die gute Botschaft erfährt und nicht nur hört.

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