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Erntedank und Hungermarsch

Erstellt von Christiane Gegenheimer, Pastoralreferentin | |   Impulse

und dann noch das Evangelium (Markus 10,2-16) von Ehe und Familie.

Uff! Was ist denn da wichtig und gibt es einen Zusammenhang?

Ist Erntedank bei uns nicht überholt? Feiern wir dieses Fest halt aus Tradition oder nehmen wir die Arbeit und Sorge, die hinter den Lebensmitteln steckt überhaupt noch ernst in unserer Wegwerfgesellschaft?
Ja, Erntedank ist auf frühere Zeiten zurückzuführen, als eine gute und ausreichende Ernte für das Überleben im Winter eben alles andere als selbstverständlich war.
Bauern haben eine Ahnung von Bitte an den Schöpfer und Dank, falls Gebete erhört wurden. Sie wussten um den inneren Zusammenhang zwischen Schöpfung und Schöpfer.
Die ein oder andere Blüte erfror im Kälteeinbruch, manches Frühjahr war zu nass oder zu trocken, im Sommer verhagelte die Ernte oder Heuschrecken oder die unbarmherzige Sonne machten den Früchten der Erde den Garaus. Erst, wenn die Erntegaben in der Scheune waren, atmeten die Menschen auf: Gott sei Dank!

Heute sind die meisten Menschen weit weg von der Welt der Lebensmittelproduzenten. Es reicht doch aus, in den Supermarkt zu gehen – dort bekomm ich doch alles! Und wenn etwas nicht meinen Erwartungen entspricht, dann werfe ich es halt weg. Es gibt ja genug Nachschub! Ist das so?

Mit meiner Tochter bete ich oft: "Alle guten Gaben, alles, was wir haben, kommt o Gott von dir, wir danken dir dafür". Ich bin in einem Land dieser Erde geboren, wo mein Tisch immer reich gedeckt ist – die Dankbarkeit sollte mich daher zum Handeln anregen: Menschen sind anderswo auf unsere Hilfe angewiesen. Die Dankbarkeit, die mich erfüllt inspiriert mich, auch anderen zu helfen. Daher ist es ein gutes und richtiges Zeichen, dass wir in unserer Pfarrei –nicht nur katholischerseits, sondern ökumenisch für verschiede Projekte in Ghana, Tansania und Brasilien beim 40. Hungermarsch unterwegs sind. Denn Erntedank sollte nicht nur bei uns gefeiert werden, sondern weltweit. Teilen wir, was wir haben – wir sind Geschwister in der einen Welt! Wenn wir die Gaben bewusst genießen, die viele Arbeit der vielen Menschen wahrnehmen und in Geschwisterlichkeit miteinander umgehen, dann ist das doch ein Mutmacher für eine neue, gerechtere und lebenswertere Welt.

Hier wäre jetzt Schluss mit dem Impuls und ein Amen angebracht, wenn das heutige Evangelium nicht so herausfordernd wäre. Was sagt Jesus uns heute mit dem Evangelium?

Zum einen betont Jesus, dass Gott Menschen im Ehebund verlässlich, also unauflöslich miteinander verbinden kann.
Zum anderen wirft Jesus den Pharisäern, die so sehr an das Gesetz klammern, Hartherzigkeit vor. Wie schon an vielen anderen Stellen des Evangeliums.
Mit diesem Vorwurf der Hartherzigkeit müssen auch jene umgehen, die aus dieser Bibelstelle ableiten, dass Jesus mit seiner Aussage unverrückbare juristische Prinzipien aufgestellt hat und Menschen, deren Ehe gescheitert ist und die sich auf eine neue Partnerschaft eingelassen haben, selbstverständlich aus der Kirche ausgeschlossen werden sollten. Dies war auch Thema beim Gesprächsabend in Erfenbach am 24. September, wo Betroffene mit ihrer Not und ihren Gefühlen uns Anteil gegeben haben.
Ich möchte an dieser Stelle erinnern an Jesu nachsichtigen und liebevollen Umgang mit Menschen, die in den Augen der Selbstgerechten als gescheitert gegolten haben.
Unter diesem Gesichtspunkt und unter dem nachapostolischen Schreiben Amoris Laetitia von Papst Franziskus leite ich einen eindeutigen Auftrag an uns als Kirche ab: „Niemand  darf  auf  ewig  verurteilt werden,  denn  das  ist  nicht  die  Logik  des  Evangeliums!“  (AL 297) Es geht unserem Papst, darum, „auf die, die uns fern sind, zuzugehen, und wenn wir sie gefunden haben, einen Weg der Annahme, der Begleitung, der Entscheidungsfindung und der Integration in die kirchliche Gemeinschaft zu beschreiten.“

Auch in der gelingenden Ehe ist es gut, hin und wieder ein Erntedankfest zu feiern: Dank für alle guten Früchte, die das Einlassen aufeinander, das „Ein-Fleisch-Sein“ hervorgebracht hat und als lebenslange Aufgabe immer noch bringt!

Wertschätzung – Dank und Preis des Schöpfers. Das ist es, was alles im Innersten zusammenhält. Und dafür bin ich dankbar. Und Sie?

Eine gesegnete Ernte wünscht Ihnen
Christiane Gegenheimer

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