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Impulse zum Nachlesen

Hier können Sie einmal wöchentlich, jeweils am Sonntag  Impulse, Gebete, Anregungen und Gedanken eines Mitglieds vom Pastoralteam nachlesen.
Zu Beginn der Einschränkungen durch die Pandemie war dies viermal wöchentlich. Mittlerweile lesen Sie einmal pro Woche von uns. Wir hoffen, unsere Gedanken helfen Ihnen die Verbindung zur Kirchengemeinde zu halten, wenn Sie nicht persönlich vorbeikommen können.

Wonnemonat (?!)

Erstellt von Christiane Kleemann-Gegenheimer, Pastoralreferentin | |   Impulse

„Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich.“

Wohlfühlen - das würde ich mich gerade sehr gerne.Reinkommen und wohlfühlen.In die Pfarrei. Anlässlich eines Gottesdienstes oder einer Sitzung.Mit Menschen. Im Austausch. Im gemeinsamen Gebet.

Doch…
Nun, gerade ist da für mich nicht so viel zu spüren von Wonne und Wohlfühlen.

Meine Sicherheiten und Glaubensgewissheiten, die ich seit meiner Kindheit in mir trage, vertieft und weiter entwickelt habe, alle diese Sicherheiten brechen irgendwie weg.

In meiner beruflichen Umgebung als Pastoralreferentin führe ich viele Gespräche und auch Diskussionen, was ja durchaus belebt und den Glauben immer wieder neu herausfordert.
Da ich dem Netzwerk Prävention angehöre, habe ich auch Kontakt zum Betroffenenbeirat.
Mich erschüttern also nicht nur die Nachrichten, die ich aus Trier, Freiburg, Mainz, München usw. höre, nein, bei mir wird es ganz konkret und nah, weil mir persönliche Geschichten zu Herzen gehen, weil sie zum Teil mit Menschen zu tun haben, die ich kannte, die ich kenne.
Und diese schrecklichen Erfahrungen mit Kirche und ihren Repräsentanten berühren mich immer (noch) und erschüttern mein Bild von katholischer Kirche.
Langsam sollte ich mich ja dran gewöhnt haben, geht ja jetzt schon über ein Jahrzehnt mit der Aufdeckung und Aufarbeitung.
Aber das habe ich nicht.

Auch der Umgang miteinander in unseren Gemeinden, das Reden nicht mit- sondern über einander, der häufige Mangel an Gesprächsbereitschaft. Das Festhalten vor allem an der eigenen - so sehr hochgeschätzten Meinung, so dass der Mensch neben mir am ausgestreckten Arm emotional verhungert. Aber Hauptsache, ich bin im Recht, denn ich halte mich ja an Recht und Ordnung! Wertschätzung des Nächsten? Fehlanzeige. Suche nach dem Guten auch in der Ansicht meines (vermeintlichen) Gegners? Wo kämen wir denn da hin? Um Verzeihung bitten, wenn ich mich im Ton vergreife? Die andere Person muss damit klar kommen.

Ja, ich klage.
Ja, ich zweifle.
An dieser meiner Kirche - an der Institution.
An den Menschen, die sie vertreten und meinen, die Wahrheit in Händen zu halten.

Genug Situationen in meinem Leben erinnere ich, wo mir der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Zerbrochene Partnerschaft und Ehe, Leiden und schwere Krankheit bei mir nahestehenden Personen, die Erzählungen meines Vaters - wie er den Zweiten Weltkrieg erlebte und welches Trauma er lang mit sich herumtrug, das hat mich geprägt.
Und dann vor einem Jahr: die Ankunft unserer ukrainischen Freundinnen, der Familie, die als Mieter nun mit uns im Haus leben, weil wieder Krieg ist. Die ihren Mann und Vater nun schon über ein Jahr nicht mehr persönlich gesehen haben, berühren konnten, mit ihm das Leben teilen konnten.

Diese Gedanken und vieles andere, was ich darüber hinaus wahrnehme, lassen mich in solchen wirren Zeiten nach Gott suchen. Nach ihm rufen, wenn ich ihn dort nicht mehr sehe, wo ich ihn doch sicherlich zu finden meinte.
Wenn mein Herz außerordentlich schmerzt, dann gehe ich dahin, wo ich Jesus vermute. In der Kirche komme ich zum Tabernakel. Und wenn ich dort in der Stille auf eine Antwort warte, sind meine Gedanken manchmal doch zu laut, dann nehme ich die Bibel zur Hand. In seinem Wort ist mir Jesus ganz nahe - spricht mir direkt ins Herz und in meine Verzweiflung hinein.
Ein Ausspruch Jesu im heutigen Johannesevangelium berührt mich besonders. Die Worte "Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich." richten sich direkt an mich, an uns alle. Wenn alles sinnlos wirkt, wenn Leid und die Trauer die Gedanken verdunkeln, wenn wir mit unseren eigenen Kräften am Ende sind, dann ist ER an unserer Seite und bei uns.

Woher ich diese Zuversicht nehme?
Zum einen spüre ich, dass ich getragen werde. Wenn andere mir versprechen „Ich bete für dich“ . Dann merke ich, ich bin nicht allein. Gott trägt mich. Das Gebet von wohlmeinenden Menschen trägt mich.
Das gibt mir die Kraft, den Glauben zu leben. Auch wenn Gott nicht sofort die persönlichen Lebenskrisen und die Krisen in dieser Welt zu einem guten Ende führt, so haben wir alle sein Versprechen, dass er uns nicht allein lässt. Nicht verlässt.

Wenn wir den Worten Jesu vertrauen, dann ist Jesus, dann ist der Vater nicht irgendwo weit weg im Universum, sondern ganz nah bei uns und in uns. Jesus zeigt uns den Weg, wie wir zu Gott dem Vater kommen: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ Es ist kein leichter und einfacher Weg, sondern beschwerlich und herausfordernd. Nachfolge heißt auch Kreuzesnachfolge: Jesus die Treue zu halten, auch in schweren Zeiten, im Leiden und bei Enttäuschungen. Nicht vom Glauben abzufallen und Gott nicht zum Sündenbock zu machen für alles, was im Leben nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Jesus nachzufolgen, seinem Wort zu trauen und daran festzuhalten, in der Liebe zu Gott und zum Nächsten und mir selbst.

Dann kann ich mich wieder wohl fühlen.
Wenn ich Gott in mein Herz reinlasse. Und seine Gegenwart auch im Nächsten wahrnehme. Spüre, dass ich mein Kreuz nicht alleine tragen muss.

„Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich.“


Einen schönen Wohlfühlsonntag im Wonnemonat Mai wünsche ich Ihnen!

Ihre
Christiane Kleemann-Gegenheimer, Pastoralreferentin

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